Seit einigen Jahren besitze ich eine Wildtierkamera, die ich jeweils längere Zeit an einem Ort irgendwo in den Wäldern um Aarau stehen lasse. Die Kamera wird durch mich richtiggehend vernachlässigt, denn ich besuche sie kaum öfter als zweimal im Jahr. Das ist gerade oft genug, damit die Batterien reichen, dass sie ihren Dienst tun kann. Gut gesichert hängt sie an einem Baum und fotografiert und filmt alles, was sich vor ihr bewegt. Wenn ich dann mal dorthin gehe, so hat es meistens tausende Fotos und Filme auf dem Chip. Oft sind grossartige Überraschungen darunter.
Das oben gezeigte Bild veranschaulicht die schönste Erkenntnis, die ich dank meiner Wildtierkamera gewinnen konnte. Natürlich ist das Bild nicht so entstanden, ich habe es aus vier Aufnahmen zusammengesetzt. Erstaunlich daran ist, dass die vier Fotos innerhalb von zehn Minuten in einem Naherholungsgebiet auf dem Boden der Stadt Aarau entstanden, also an einem Ort, wo die Menschen täglich joggen oder ihre Hunde ausführen. Diese vier Waldbewohner (Fuchs, Dachs, Reh und Wildschwein) waren zur fast gleichen Zeit am selben Ort. Mit Sicherheit haben sie gegenseitig ihre Anwesenheit wahrgenommen. So ähnlich wie in Kinderbüchern, wo sich die Tiere treffen und miteinander interagieren, scheint es auch in unseren Wäldern zu passieren. Nur dass wir Menschen davon nichts mitbekommen, weil sich die Tiere wegen der schlechten Erfahrungen mit uns am Tag im Dickicht verstecken.
Unterdessen konnte ich mit der Wildtierkamera alle grossen Säugetiere und viele Vogelarten, die in der Umgebung meines Wohnortes leben, fotografieren. Die Qualität der Fotos ist nicht besonders beeindruckend, aber darum geht es mir hier auch überhaupt nicht. Mich fasziniert das Entdecken und Beobachten dieser Tiere, ohne sie dabei zu stören. Oft konnte ich intime Details beobachten, und damit meine ich nicht die Nacktwanderer, die es hier in den Wäldern auch gibt (Fotos von Menschen lösche ich immer umgehend). Nachfolgend zeige ich eine kleine Auswahl dieser Vielfalt.
Dieser Fuchs hatte seinen Bau wahrscheinlich ganz in der Nähe meiner Kamera, denn er kam regelmässig vorbei. Speziell gefreut hatte mich, dass er auch gerne über den gefallenen Baum lief, genau so, wie ich es mir bei der Platzierung der Kamera erhofft hatte.
Am Tag davor hatte ein Mäusebussard direkt vor der Kamera eine Amsel gefressen. Der Rotfuchs, der offensichtlich den Geruch von Fleisch wahrgenommen hatte, suchte die Stelle wohl nach Überresten ab.
In der Nacht nach dem Fuchs kam auch ein Steinmarder vorbei und schnupperte an der Stelle, wo der Mäusebussard eine Amsel gefressen hatte. Er war nicht das letzte Tier, das hier schnuppern kam. Solche Beobachtungen sind nur mit einer Wildtierkamera möglich und zeigen einerseits, wieviele Tiere sich ein Revier teilen, andererseits auch deren Verhalten.
Schon mehrfach hatte ich Nahaufnahmen von Rehen auf dem Chip. Sie kommen der Kamera häufig sehr nahe, wenn sie den Bäumen entlang durch den Wald streifen. Bei diesem Tier kann man sogar die Zecke an der Backe erkennen.
Im angrenzenden Jura gibt es viele Gämsen. Diese Aufnahme wurde aber auf der Südseite der Aare gemacht, also quasi im Schweizer Mittelland. Sachverständige haben meine Vermutung bestätigt, dass sie noch nie von entsprechenden Meldungen gehört haben. Dieses Tier hat wohl die Aare überquert. Ob es das auf der nahegelegenen Autobrücke tat?
Singvögel posieren immer wieder vor der Wildtierkamera, hier ein Zaunkönig. Andere Male waren es Buchfinken, Singdrosseln, Rotkehlchen oder Amseln. Von einer Amsel habe ich ein Video, wo sie ihren Gesang zum Besten gibt. Auch Bunt-, Grün- und Schwarzspecht oder Ringeltauben sind regelmässige Besucher.
Alle paar Wochen kamen Sperber oder Mäusebussarde an diese Stelle, um einen gefangenen Vogel zu verspeisen. Das dauerte manchmal bis zu einer Stunde, während der das Opfer fein säuberlich von den Federn befreit und danach häppchenweise verspiesen wurde. Nicht unbedingt die schönsten Bilder, aber so ist das Leben in der wilden Natur.
Die Wildtierkamera hatte ich an dieser Stelle platziert, weil ich hoffte, dass Tiere über den liegenden Baumstamm gehen würden. Das passierte auch immer wieder. Dieser Waldkauz nutzte die Stelle für einen kurzen Moment als Rastplatz, putzte sich ein bisschen und flog wieder davon. Er kam regelmässig zurück, um hier zu pausieren.
Je nach Standort meiner Wildtierkamera gehörten Wildschweine zu den häufigsten Besuchern. Dieses Bild ist einer meiner Favoriten, weil man hier die Jungtiere richtig gut sehen kann, die direkt vor der Kamera eine kurze Pause einlegten. Meistens werden diese Tiere fotografiert, wenn sie in einer langgezogenen Kette eines hinter dem anderen vorbeigen.
Der Dachs ist eines der sehr heimlichen Tiere in unseren Wäldern. Persönliche Begegnungen hatte ich bisher nur eine oder zwei. Auf der Wildtierkamera tauchte er aber immer wieder auf, wenn er auf den Spuren möglicher Nahrung war.
An diesem Standort zeigen sich die Gämsen fast jeden Tag vor der Kamera. Auch selber treffe ich in diesem Gebiet fast bei jedem Besuch auf diese Tiere. Dieses Foto stammt aus einer Serie, wo die Jungtiere auf der kleinen Wiese vor der Kamera spielten. Später legten sie sich sogar hin und schliefen eine kurze Zeit.
Wo es viele Gämsen hat, da taucht auch er regelmässig auf: Der Luchs. Leider ist er nicht ein gemütlicher Wanderer, sondern rennt jeweils vor der Kamera vorbei, sodass die Bilder entweder unscharf sind oder nur noch das Hinterteil zeigen. Er kommt ungefähr einmal im Monat hier vorbei, die Fotos von ihm sind immer eine Freude, wenn ich den Chip hole.
Teilweise richtig mystisch sind die Fotos, die nachts bei Nebel oder Schneefall gemacht werden. Manchmal sieht es aus, als lebten draussen Geister. Hier versuchte der Luchs, auch bekannt unter dem Übernahmen Geist des Waldes, in der Silvesternacht auf leisen Pfoten unbemerkt vorbeizugehen, vielleicht auf der Flucht vor den Feuerwerken im Dorf unten.
Bisher einmal setzte sich der Luchs bisher direkt vor der Kamera und beobachtet die Umgebung.
Wo wir schon bei den Raubtieren sind... die Überraschung und Freude waren riesig, als ich mir die Fotos der letzten Wochen anschaute: Tatsächlich war ein Wolf direkt vor meiner Kamera stehen geblieben! Und wenn es an dem Montag nicht geregnet hätte, wäre ich exakt zu diesem Zeitpunkt dort oben auf dem Berg gewesen - der Wolf dann aber wahrscheinlich nicht. Es handelte sich um einen jungen Wolf auf Wanderschaft, der etwa zehn Kilometer entfernt ein paar Schafe gerissen hatte. Er wanderte weiter und hat unterdessen vielleicht ein Weibchen im ferneren Jura gefunden und eine Familie gegründet.
Als exzellente Kletterer verbringen die Gämsen viel Zeit zuoberst auf der Krete dieses Berges. Meistens sehe ich sie aber ein paar hundert Meter weiter unten auf der Wiese im Naturschutzgebiet grasen.